Vielleicht ist euch beim Anschauen unserer Bücher schon aufgefallen, dass an manchen Stellen das Bild nicht hundertprozentig mit dem Inhalt des dazugehörigen Textes übereinstimmt?

Wenn ja, dann liegt das daran, dass in diesem Fall die sogenannte »Bild-Text-Schere« (sehr) groß ist.

Was bedeutet »Bild-Text-Schere«?

Wenn die Informationen eines Textes und die der dazugehörigen Bilder stark auseinanderklaffen, spricht man von einer großen »Bild-Text-Schere«. Laut dem Medienwissenschaftler Bernd Wember, der diesen Begriff 1972 erstmals prägte, verschlechtere sich die Verständlichkeit eines Textes, umso größer die »Bild-Text-Schere« sei. Denn eigentlich sollten die Bilder helfen, den Text zu verstehen.

Dieses Konzept wurde bisher jedoch vielfach diskutiert.

Wenn wir davon ausgehen, dass viele 4-jährige Kinder in der Sprachentwicklung noch altersbedingte Defizite im Sprachverständnis zeigen, können die Bilder in einem Buch das Verständnis der Geschichte maßgeblich unterstützen. Ein Kind kann in diesem Fall anhand der Bilder das fehlende Textverständnis ausgleichen.

Im Alltag wird dieses Konzept »Schlüsselwortprinzip« genannt. Kinder, die also noch nicht in der Lage sind, jede Satzkonstruktion und jedes Wort zu verstehen, rekonstruieren sich den Inhalt des Gesagten anhand einiger Schlüsselworte.

Das Kind nimmt zum Beispiel die Worte »Elfi- hüpfen- RATSCH- Kastanienast – Löwe – pitschnass« wahr. Dazu sieht es das Bild des nassen Löwen, in dessen Hintergrund eine erschrockene Elfi hinfort hüpft. Somit kann es sich den groben Inhalt der Szene sicher ganz gut vorstellen. In Zusammenarbeit mit unserer Illustratorin Laura Oechel haben wir in wichtigen Schlüsselszenen unserer Geschichten deshalb auf eine große Bild-Text-Schere verzichtet. Die Bilder stellen also häufig genau das dar, was im Text beschrieben wird. Somit unterstützen sie das Textverstehen.

Wenn Kinder sich allerdings zu sehr auf inhaltsnahe Bilder als auf den Text konzentrieren, obwohl es ihnen möglich wäre durch das Vorgelesene ein detailliertes Verständnis der Handlung zu erlangen, wird die Entwicklung des Sprachverständnisses nicht unbedingt angeregt.

An einigen Stellen unserer Geschichten, haben wir uns deswegen ganz bewusst dazu entschieden die »Bild-Text-Schere« weiter auseinanderklaffen zu lassen. Denn Irritationen haben auch ihre Vorteile: Fällt einem Kind auf, dass das Bild nicht zum vorgelesenen Text passt, bedeutet es, dass das Kind bereits über ein gutes Sprachverständnis verfügt. Es hat das Gehörte mit dem Bild abgeglichen und Unterschiede erkannt.

Solche Irritationen geben also nebenbei Aufschluss über den Entwicklungsstand im Bereich des Sprachverständnisses. Außerdem geben sie Anlass, über die Geschichte hinaus ins Gespräch zu kommen. Wenn ab und zu das Bild nicht zu dem Gehörten passt kann das Spannung und Aufmerksamkeitssteigerung beim Kind hervorrufen. Das Kind weiß also, dass es sich nicht immer auf die Abbildungen im Buch »verlassen« kann, um den Inhalt zu verstehen und bleibt deshalb auch bezüglich des vorgelesenen Textes aufmerksamer. Die Motivation, das Gehörte mit dem Bild abzugleichen, kann also dazu führen, dass die Sprachentwicklung angeregt wird.

So holen wir mit der Verwendung der Bild-Text-Schere in verschiedener Ausprägung Kinder in unterschiedlichen Stadien der Sprachentwicklung ab und unterstützen und fördern gleichermaßen das Sprachverstehen.

Bis bald,

Eure Jule

Jule ist eine der beiden Geschäftsführerinnen der »good time stories UG«.

In der Arbeit an den Abenteuern von »Toto & Elfi« sorgt die 34-jährige Wahlberlinerin für ein ansehnliches Äußeres der Bücher und steht immer für ein kreatives Brainstorming bereit. Neben diesem Herzensprojekt hat sie außerdem einen Job als Logopädin und integrative Lerntherapeutin in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie. Somit ist sie in Zusammenarbeit mit Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen diejenige, die euch die Ideen liefert, mit denen die Themen aus den »Toto & Elfi« – Folgen aufgearbeitet werden können.

Als Songwriterin der Kinderlieder ist sie zudem der »Master of Music« der Firma.